Work.Life-Balance

Work-Life-Balance, Life-Work-Balance oder ...?

„Work-Life-Balance“ ist zwar in aller Munde, wird aber in Deutschland offensichtlich nicht sehr erfolgreich praktiziert. Seit Jahren wächst die Zahl der psychischen Erkrankungen im “Arbeits- Leben”, wenn man den Statistiken der Krankenversicherer trauen kann.

Aber ist es nur ein statistisches Problem? Oder ein sprachliches? Stimmt die Reihenfolge nicht? Oder ist es vielleicht der falsche Denkansatz, zunächst “Work” und “Life” voneinander zu trennen, um sie dann anschließend wieder (wie auf einer Waage) mühsam in “Balance” zu bringen? Und noch eine Frage drängt sich auf: Was kann da eigentlich noch in der “Balance” bleiben, wenn den vielen weiblichen und männlichen Rentnern, Pensionären und Arbeitslosen mehr oder weniger unfreiwillig “Work” aus einer der beiden Waagschalen herausgenommen wird?

Wer sich etwas Zeit zum Nachdenken nimmt, merkt sehr schnell, dass Arbeit zwar einen wesentlichen Teil unseres Lebens ausmacht - allerdings je nach Lebensalter in unterschied- licher Art und Intensität. Denn auch Kinder, Schüler, Studenten, Hausfrauen, Künstler, Freiberufler und Rentner arbeiten. Aber anders. Es geht eben nicht nur um Erwerbsarbeit, wenn da etwas im Leben ausbalanciert werden soll. Ohne eine gründliche Klärung der Begriffe “Arbeit” und “Leben”, aber auch “Balance” kann eine zufriedenes (oder glückliches) Leben nicht gelingen.

Und noch etwas wird beim Nach-, Tiefer- und Weiterdenken deutlich: Dass es weitere wichtige Teilbereiche des Lebens gibt, die mit ausbalanciert werden müssten. Zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Finanzen, Wohnen und auch soziale Beziehungen. Alle diese „Lebensbereiche“ sind sogar eng miteinander verknüpft. Nur wenn ich gesund bin und über eine gute Bildung verfüge, bekomme ich eine zu meinem Potenzial passende Arbeit. Und mit der guten Bezahlung dieses Jobs schaffe ich mir eine finanzielle Basis, um in einer Umgebung zu wohnen, in der auch das soziale Umfeld meinen Vorstellungen entspricht. Eine gute finanzielle Basis erlaubt mir zugleich eine bessere Gesundheitsversorgung (Ernährung, Sport, Medizin etc.).

Dieses Beispiel ist noch reichlich verkürzt. Aber wenn Sie sich einmal die Mühe machen, eine Blume mit sechs Blütenblättern (für die obigen Lebensbereiche) zu malen, die sich  überschneiden, und Sie sich dann vorstellen, dass sich in der Mitte, im Blütenkelch, Ihr ICH (mit Ihrer Lebensart und -erfahrung, Ihren Wertvorstellungen, Überzeugzungen, Ihrer Spiritualität usw.) befindet, dann bekommen Sie eine erste Vorstellung davon, was Lebensqualität heißen könnte, wenn es gelänge, eine Balance all dieser Bereiche herzustellen (anstatt sich nur auf eine Balance von Arbeit und Privat-Leben einzulassen)Wichtig ist in dem Zusammenhang auch, das Sie das in der Ratgeber-Literatur oft verwendete Bild von der Waage vergessen. Die Balance, die wir für unsere Lebensbereiche benötigen, muss dynamischer, flexibler sein - ähnelt eher dem Ausbalancieren eines Flugzeuges in der Luft. (Gemeint ist aber eigentlich ein Begriff aus der Biologie: “Homöostase” = Fließgleichgewicht. Den kann man sich nur nicht so leicht vorstellen).

Und es praktisch umzusetzen ist noch schwieriger. Dafür gibt es kein Patentrezept. Es erfordert Zeit zum Nachdenken und auch Zeit zum Üben und ist deshalb ein Thema für individuelle Beratungsgespräche und Workshops. Schwimmen lernt  man schließlich auch nicht, indem man nur ein Buch darüber liest.

Übrigens taucht die Blume als anregende Metapher in beiden Büchern von Bolles auf (siehe Literatur).

 

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