Denkanstöße

Denkanstöße   

 

Die letzten Berufsjahre ...
Vorbereitung auf den Ruhestand ...
Den Ruhestand gestalten ...

Überschriften wie diese lösen die unterschiedlichsten Gedanken, Gefühle, Reaktionen aus.

Die Einen sagen: Endlich frei!  Ausschlafen, frühstücken, Zeitung lesen. Kein Stress. Kein wagemutiges Klettern auf der Karriereleiter. Ein neues Leben beginnt: Reisen, Kreuzfahrten, Wandern, Kunst entdecken, Garten umgraben, Dach ausbauen, mit den Enkeln spielen oder nach Herzenslust in dicken Büchern schmökern. - Eigentlich bin ich noch viel zu jung für mein Alter!

Und andere stöhnen: Jetzt gehöre ich auch zum alten Eisen. Kräfte und Säfte werden schwinden - Anerkennung, Wertschätzung, Aufstiegsmöglichkeiten ebenso. Und dann der Stress mit jüngeren Chefs, Kolleginnen, Kollegen. Es geht bergab. Der Countdown läuft: Acht Jahre, sechs Monate und vier Tage - und dann Ruhestand, Stillstand, Ende.

Der Zeitschriften- und Büchermarkt ist ähnlich widerspruchsvoll. Auf den einen Titelseiten prangen Bilder von äußerst fitten „jungen Alten“, geschmückt mit tollkühnen Überschriften wie „Silver Ager“, „Golden Ager“, „Best Ager“, „Mid Ager“, „Over Fifties“. Und nebenan stehen Bücher im Regal mit Titeln wie: „Das Methusalem-Komplott“, „Die gierige Generation“, „Die Midlife-Boomer“, „Die besten Jahre“ oder gar der „Kampf der Generationen“.

Die Wissenschaftler sind sich auch nicht einig. Die einen präsentieren Studien, in denen sich viele Alte glücklicher fühlen als Zwanzigjährige. Und weil sie (von Statistikern und Versicherungsmathematikern erforscht) angeblich über Abermilliarden von Euros verfügen, empfehlen Werbepsychologen und Ökonomen mit raffiniertem „Lifestyle-Marketing“  die phantastischsten Produkte und Dienstleistungen für eine rasant wachsenden Ruhestands- branche. Gleichzeitig warnen Soziologen und Gerontologen vor massiver Altersarmut, auch wenn derzeit “nur” etwa jeder Zehnte davon betroffen sein soll.

Verständlich, wenn Sie sich fragen: Wem kann ich bei diesen widersprüchlichen Aussagen überhaupt noch vertrauen? Der amtierenden Regierung? Den Oppositionsparteien? Den Kirchen? Den Sozialverbänden? Meinem Versicherungs- oder Rentenberater?

Ein Blick auf die wesentlichen Lebensbereiche in der zweiten Lebenshälfte (später mehr dazu ) offenbart ein weiteres Problem: Ob Arbeit, Bildung, Gesundheit, Finanzen, Wohnen, soziale Beziehungen - für jeden dieser Bereiche fühlen sich gleich mehrere wissenschaftliche Disziplinen zuständig. Die Palette reicht von Arbeitswissenschaftlern, Ökonomen, Soziologen, Politikwissenschaftlern über Erziehungs- und Kulturwissenschaftlern, Medizinern, Biologen, Ernährungs-, Sport- und Neurowissenschaftlern bis hin zu Philosophen und Theologen, um nur einige aufzuführen. Das die nicht alle einer Meinung sind und auch nicht dieselbe Sprache sprechen, ist hinreichend publik. Aber selbst innerhalb ihrer Disziplinen gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Da meint es der Werbepsychologe ganz anders „gut“ mit Ihnen als der Psychologische Psychotherapeut oder der Psychiater - und der klassische Mediziner wieder anders als der Vertreter der Naturheilkunde.

Eine Wissenschaft des „Älterwerdens“, die all diese Lebensbereiche für Sie zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügt und Ihnen dabei hilft, die jeweils beste Entscheidung zum günstigsten Zeitpunkt zu treffen, gibt es derzeit nicht. Und dass sich zum Beispiel ein Arzt, ein Gerontologe, ein Sport- und ein Ernährungswissenschaftler mit einem Immobilien- und einem Finanzberater gemeinsam um die beste Variante Ihres “Wohlfühl”-Ruhestandes kümmern, ist wohl vorerst auch nicht zu erwarten.

Was also tun, wenn Sie langsam aber sicher auf die „Over Fifties“ zusteuern oder sogar schon eine oder einer sind?

Abwarten und Tee trinken? Oder vielleicht: „Es kommt sowieso, wie es kommen muss“?

Warum nicht stattdessen sagen:
           -  „Neue Phase - neues Glück“ oder
           -  „Die Chancen des Alters und der gewonnenen Jahre nutzen“ oder
           -  „Eine Reise in die Freiheit wagen - wenn nicht jetzt, wann dann“?

Könnte einer dieser Sätze auch ein Motto für den „Rest” Ihres Lebens sein? Einen “Rest”, der mit Anfang fünfzig möglicherweise noch gut zwanzig / dreißig Jahre oder länger dauert!

Wenn Sie solch ein Motto anregend finden, und nicht warten wollen bis Wissenschaftler irgendwann einmal ein ausgereiftes und für Ihre Wünsche und Bedürfnisse passendes Konzept entwickelt haben. werden Sie aktiv oder besser “kreaktiv”:

Verlassen Sie ausgetretene Trampelpfade. Suchen Sie achtsam und mit allen Sinnen Ihren eigenen Weg und gehen Sie ihn. Den Weg, der genau zu dem Leben passt, das Sie leben möchten (vielleicht sogar schon immer wollten, aber bisher nicht konnten oder sich nicht trauten).

Dazu möchte ich Sie ermutigen.

Dass für eine solche Reise auch Pausen eingeplant werden müssen, ist selbstverständlich. Aber die sollten Sie selbst auswählen dürfen und sich nicht von anderen verordnen lassen.
Und noch etwas ist wichtig: Wenn Sie zu Beginn Ihres Ruhestandes erst einmal eine Zeitlang einfach nur Ihre Ruhe haben wollen, ist das auch völlig in Ordnung. Niemand sollte sich unter Druck setzen lassen und aktiver sein, als er / sie eigentlich möchte oder kann!

Wie Sie Ihre Reise organisieren und wie Sie Ihre Kräfte für die einzelnen Etappen vielleicht schon während der letzten Berufsjahre sinnvoll planen können, dazu biete ich Ihnen auf den folgenden Seiten

  • Literaturtipps alterserfahrener Reisebegleiter, aber auch
  • Internet-Links zu Organisationen, Einrichtungen, Netzwerken, individuellen Helfern
  • persönliche Gespräche oder Workshops zum Nachdenken, Vertiefen, Erweitern und praktischem Erproben Ihrer Ideen -

und hier zum Abschluss dieses Denkanstoßes noch eine alte, aber immer noch überlegenswerte Anregung des Philosophen Immanuel Kant:

 „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!.“

Es ist sein Wahlspruch, seine „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, damals veröffentlicht in der Berlinischen Monatsschrift, 1784,2, S. 481–494. Unter anderem heißt es dort:

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

Übrigens geht der Ausspruch “Sapere aude!” auf den römischen Dichter Horaz zurück und bedeutet: Wage es, weise zu sein!

Das ist heute, etwa 230 Jahre später, in unserer viel komplexeren Welt mit ihrer stetig wachsenden Informationsfülle leichter gesagt als getan. Aber diesen Mut aufzubringen und vielleicht einmal ganz in Ruhe darüber nachzudenken, was Kant vielleicht noch damit ausdrücken wollte, ist eine lohnenswerte Aufgabe.

Nur Mut! Denn ab jetzt kennen Sie jemanden, der Ihnen gern beim Anfangen hilft - aber auch bei der Reiseplanung, beim Finden gleichgesinnter Mitreisender sowie den ersten Schritten Ihrer Reise in die Freiheit - oder auch, wenn Sie zwischendurch mal der Mut verlassen sollte.

 

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